Schafe auf dem Feld

Highlight der Wolllieferanten: «Die Schneider-Gruppe» hilft das Mulesing zu beenden

Der Nachhaltigkeitsmanager des Unternehmens erklärt den Weg zu tiergerechten Lösungen

16.12.2021

Willy Gallia spricht über G Schneider und die Vision des Unternehmens: «Die Schneider-Gruppe kauft Wolle und andere Naturfasern direkt am Ursprungsort ein. Die Fabriken trennen die edlen Fasern von Verunreinigungen und verarbeiten sie weiter in erstklassige Rohstoffe für die Herstellung von Garnen und Stoffen. Zudem verwalten wir auch 18 landwirtschaftliche Betriebe in Argentinien und sind somit selbst Wollproduzenten. 

Unsere Vision ist, dass wir mit Naturfasern eine ökologische Lösung für Probleme wie dem Klimawandel oder Überkonsum bieten können und dass unser Handeln Antworten für eine bessere Welt liefert. All dies geschieht mit grösster Sorgfalt für die Menschen, die Tiere und die Umwelt, indem wir die besten Praktiken der Branche anwenden.»

Unser Interview

Wie sind Sie zu Ihrem Engagement und Ihrer Leidenschaft für Wolle gekommen?

Ich komme aus der dritten Generation von Textilfachleuten. Es liegt mir also im Blut. Ausserdem bin ich in engem Kontakt mit der Natur und den Tieren in Patagonien, in Argentinien, aufgewachsen. Ich möchte meinen Teil dazu beitragen, ein Gleichgewicht mit der Natur und den Dingen zu finden, wie ich es auf den meisten Bauernhöfen und in der Natur erlebt habe. Ich liebe es einfach, weit draussen zu sein, fernab von Menschenmassen und Lärm.

Was ist das grösste Tierschutzthema in Ihrem Sektor und warum ist der Tierschutz für G. Schneider so wichtig? 

Offensichtlich ist eines der grössten Tierschutzprobleme im Wollsektor das Mulesing, eine Praxis, die so bald wie möglich vollständig abgeschafft werden muss. Allmählich sehen wir, dass in dieser Hinsicht bedeutende Fortschritte erzielt werden.   

Es gibt jedoch auch noch andere Probleme, wie ausreichender Zugang zu Wasser und Nahrung, Tiertransporte, das Schwanzkupieren und die Schur selbst, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Jede Interaktion mit dem Menschen muss auf den Prüfstand gestellt werden. Wir müssen sicherstellen, dass alles auf die bestmögliche Art und Weise durchgeführt wird. Für uns, die wir in der Wollindustrie arbeiten, sind Schafe etwas ganz Besonderes: Schafe sind unser Lebensstil. 

Wir lieben, was wir tun, und wir wollen mit gleichgesinnten Menschen zusammenarbeiten: Ein leidenschaftlicher Landwirt kümmert sich gut um sein Land und seine Tiere. Das rechnet sich auch wirtschaftlich. Da wir zusätzlich auch selbst Schafhalter sind, wissen wir, dass gesunde und glückliche Schafe bessere und mehr Wolle produzieren: So einfach ist das. Und schliesslich wissen wir, dass wir an der vordersten Front für unser Handeln verantwortlich sind, ein Konzept, das wir uns zu eigen gemacht haben.

Haben Sie jemals die Praxis des Mulesing erlebt? Was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie an Mulesing denken?

Ich habe nur Videos gesehen. Das Leiden von Schafen mit Fliegenmadenbefall ist schrecklich, das habe ich persönlich miterlebt. Es ist schwer zu verstehen, dass dies die Lösung für ein anderes Problem war, das noch schlimmer ist: Fliegenmadenbefall. Doch in der Vergangenheit wussten es die Menschen einfach nicht besser.  

Züchter oder Hirten sind der Natur so nahe, dass es manchmal schwierig ist, ihre Gedanken nachzuvollziehen. Die Natur ist schön, kann aber auch sehr rau sein. Der Kreislauf des Lebens kann manchmal sehr grausam erscheinen und die meisten Züchter wissen das sehr gut. Sie haben mit Sicherheit eine tiefe Verbundenheit mit der Natur und wir können viel von ihnen lernen, aber es kann nur hilfreich sein, dass wir ihnen Fragen darüber stellen, was sie tun und ob es besser gemacht werden kann. Das trifft eindeutig auf das Mulesing zu, kann aber auch auf andere Bereiche ausgeweitet werden. Ich glaube, wir entwickeln uns ständig weiter und sicherlich werden einige Dinge, die wir heute tun, in Zukunft als falsch angesehen werden. 

Was ist Ihre persönliche Verbindung zu Schafen?

Ich liebe ihren Charakter; sie sind sehr gesellig und entspannt. Ich hatte die Möglichkeit, in ihrer Nähe aufzuwachsen und mich um ein Lamm zu kümmern, das seine Mutter verloren hatte. Das hat meine komplette Sichtweise auf diese Tiere verändert. Sie sind wie Katzen oder Hunde, aber mit einem Hauch von Wildnis in ihnen. Selbst wenn sie bereits lange mit ihrer Herde draussen auf den Feldern sind, erinnern sich Schafe ihr gesamtes Leben an den Menschen, der sie aufgezogen hat.

Warum spricht sich G. Schneider gegen Mulesing aus?

Weil wir glauben, dass es beendet werden kann und sollte. Wir tun dies aufbauend auf den Wunsch unserer Kunden und der Endnutzer, die darauf bestehen. Wir wollen also sicherstellen, dass die Züchter wissen, dass dies geschieht und dass ihre Wolle für unsere Kunden nicht wünschenswert sein wird, wenn sie das Mulesing nicht beenden. Wir sind einer der Kommunikationskanäle der Industrie, aber wir können auch aus der Perspektive eines Partners sprechen, was sehr effektiv ist. Wir wollen, dass es den Züchtern gut geht, und wir wollen mehr Wolle da draussen, denn das ist es, was wir sind: Woll-Leute

Es gibt schmerzfreie Alternativen zum Mulesing, wie z.B. den Übergang zu einer besseren und resistenteren Schafsgenetik. Über 3.000 Schafhalter haben umgestellt. Die Mehrheit in Australien praktiziert jedoch immer noch das Mulesing. Warum glauben Sie, dass die vollständige Abkehr von Mulesing noch nicht stattgefunden hat und was ist Ihrer Meinung nach notwendig, um diese Praxis zu beenden? 

Weil es überhaupt nicht einfach ist: Eine deutliche Änderung ihrer Arbeitsweise ist erfordert und einige Züchter sind sehr traditionell. Hinzu kommt, dass die Züchter aufgrund der niedrigen Wollpreise mit enormen finanziellen Belastungen konfrontiert sind und das Vertrauen in die Modeindustrie verloren haben, da die Modeindustrie in einigen Fällen ihre Bemühungen nicht zu würdigen scheint. Wussten Sie, dass der Preis für das Rohmaterial in einem Kleidungsstück oft niedriger ist als die Gebühr, die Ihnen Ihre Kreditkarte für eine Transaktion berechnet? 

Ich glaube, dass es eine berechtigte Forderung ist, Mulesing zu beenden, aber es hätte anders kommuniziert werden müssen. Die Vorwürfe über Brutalität waren sehr stark und weit verbreitet.  Es gibt einige faule Äpfel da draussen, aber diese dürfen nicht für die grosse Mehrheit der eher stillen Akteure sprechen, die leidenschaftlich, liebevoll und fürsorglich sind. Es ist von entscheidender Bedeutung, den Ton der Botschaft zu ändern, um sie wirksam zu machen, und ich glaube, VIER PFOTEN tut genau das. Deshalb haben wir von Anfang an mitunterstützt.

Lassen Sie uns über das eigene Wollverifizierungsprogramm von G Schneider sprechen: Authentico.  Was waren die Motive und die Vision dahinter und wie trägt G. Schneider mit Authentico dazu bei, das Mulesing zu beenden und den Tierschutz zu erhöhen?

Authentico begann eigentlich schon vor sehr langer Zeit als Rückverfolgbarkeitssystem.  Die Leute wollten wissen, wo die Wolle herkommt.  

Was das Mulesing betrifft, so akzeptieren wir es nicht und üben Druck auf die australischen Institutionen aus, mit dem NWD* [die National Wool Declaration] transparenter zu werden. Wir haben auch eine RWS [Responsible Wool Standard] Gruppenzertifizierung geschaffen, die mit Maklern zusammenarbeitet, um sicherzustellen, dass wir Zugang zu unserem Netzwerk von 600 Züchtern erhalten, damit diese sich zu geringeren Kosten und ohne Probleme zertifizieren lassen können. Wir fördern gute Züchter, damit ihre Geschichten auch gehört werden, und wir haben noch viele weitere Pläne für die Zukunft, über die wir sicherlich bei einer anderen Gelegenheit sprechen können. 

*NWD ist das grösste Wollauktionsgremium in Australien und hat kürzlich einen Rückschritt in Richtung weniger Transparenz gemacht.

Was sind die Herausforderungen und Lösungen, denen Sie mit einer Vorreiterrolle im Hinblick auf den Ausschluss von Mulesing, begegnen? 

Die grösste Herausforderung besteht darin, die Menschen davon zu überzeugen, dass dies das Beste für alle ist: Es geht nicht nur um eine stetige «Marktnachfrage», sondern um einen tieferen Sinneswandel. Unsere Lösung besteht darin, die Schafhalter sichtbar zu machen, was wiederum sicherstellt, dass sie die ganze Anerkennung und den Wert erhalten, den sie für ihre Arbeit verdienen. Positive Verstärkung statt negativer Rückmeldungen hat also enorm geholfen. 

Können Sie erklären, wie Sie den Schafhaltern helfen, vom Mulesing wegzukommen?

Durch unser Authentico-Programm haben wir bei unseren Kunden und vielen Einzelhändlern für mulesing-freie Wolle geworben, und wir haben eine höhere Nachfrage nach solcher Wolle geschaffen. Wir bieten unseren zertifizierten Züchtern auch langfristige Verträge zu einem Aufpreis an. Dies sendet eine sehr laute und klare Botschaft an die gesamte Branche. Darüber hinaus sprechen wir über unsere Kommunikationskanäle mit den Züchtern und stellen sicher, dass sie unsere Vision zu diesem Thema und die Gründe dafür kennen.

Was ist die Botschaft an die Marken, wenn es darum geht, von Mulesing wegzukommen?

Marken tragen ihren Teil dazu bei, eine klare Botschaft darüber auszusenden, was sie in Bezug auf den Tierschutz wollen. Daher sind wir froh, ihre Unterstützung zu haben, wenn es um Veränderungen innerhalb der Branche geht. Aber Marken müssen bereit sein, Wolle und die ganze Arbeit, die dahintersteckt, zu schätzen.

Wie stellen Sie sich eine australische Wollschaffarm in der Zukunft vor?  

Absolut glänzend. Ich bin optimistisch und wegen meiner Leidenschaft voreingenommen, aber ich glaube wirklich, dass eine gute Landwirtschaft Antworten auf unsere aktuellen Umweltprobleme geben kann. Wenn wir unseren Teil dazu beitragen, das Beste zu tun, was wir können, und dann noch etwas mehr, dann bin ich sicher, dass die Kunden und die breite Öffentlichkeit das, was naturbasierte Lösungen für ihr Leben tun können, gutheissen und sehr schätzen werden. Das bedeutet: kein Mulesing, Kohlenstoffbindung und biologische Vielfalt, während gleichzeitig Wert und Wohlstand geschaffen werden. Der Einfluss unserer Industrie bei der Unterstützung ländlicher Gemeinden ist erstaunlich, und so verbessern wir auch die Lebensgrundlagen unzähliger ländlicher Gemeinden an Orten, die man nur verstehen kann, wenn man sie sieht und erlebt.

Was ist Ihr Idealbild der Wollindustrie in fünf Jahren, wenn man die Entwicklungen bezüglich Mulesing in Australien betrachtet, und wie wird es wahrscheinlich in fünf Jahren aussehen?

«Zuzüglich zu dem, was ich bereits erwähnt habe, bin ich mir sicher, dass sich Vorzeigebeispiele enorm verbreiten werden. Wir unternehmen grosse Anstrengungen, um dies zu erreichen. Wir hoffen auch, dass mit der zunehmenden Aufmerksamkeit für unser Authentico-Programm mehr Landwirte unseren Vorschlägen folgen und verstehen werden, wie wichtig es ist, Mulesing zu beenden und dann proaktiv Lösungen für andere Probleme anzubieten.»

Willy Gallia by The Schneider Group

Thanks to Willy Gallia for the interview!

Die in diesen Interviews geteilten Meinungen spiegeln die Ansichten der Autoren wider und nicht die Position von VIER PFOTEN.

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